Mode im 16. Jahrhundert

Hardwick New Hall, England. Foto: Epochs of Fashion
Hardwick New Hall, England. Foto: Epochs of Fashion

Die Tudors und das Elisabethanische Zeitalter:

 

Das Haus der Tudor ist eine walisische Dynastie, die während des Rosenkrieges zwischen den Häusern Lancaster und York zum Königsthron aufstieg und das Königreich England und Irland von 1485 bis 1603 regierte.

 

Heinrich VII. besiegte Richard III. im Jahre 1485 im Rahmen einer Invasion aus der Normandie. Er hatte kaum besseren Anspruch auf den Thron als Richard, ging jedoch als Sieger hervor und hatte daher den Thron inne. Fünf Tudors regierten in der Folge das Königkreich, bis hin zur kinderlosen Königin Elisabeth I. (1533 - 1603).

Auf Heinrich VII. folgte sein vielverheirateter Sohn Heinrich VIII. Als kleine Erinnerung die Schicksale der sechs Ehefrauen Heinrichs: Katherine von Aragon - 1533 geschieden, Anne Boleyn - 1536 geköpft, Jane Seymour - 1537 im Kindbett gestorben, Anna von Kleve - 1540 geschieden, Catherine Howard - 1542 hingerichtet, Catherine Parr - überlebte ihren Mann. Von ihm ging der Thron an den langersehnten Sohn, Edward VII, über. Auf ihn folgten die tragische Lady Jane Grey, die im Teenageralter gegen ihren Willen zur Königin erklärt und wenige Tage später hingerichtet wurde, dann Mary I und schließlich Elisabeth I.

Das Tudor-Zeitalter war von Höhen und Tiefen geprägt. Die Renaissance erhielt in England Einzug, nicht zuletzt beflügelt durch die Ankunft von Katharina von Aragon als Braut für Arthur, den Bruder Heinrichs VIII. Mit ihr kamen spanische Gelehrte am Hofe des bis dahin noch kulturell hinter dem Mittelmeerraum zurückgebliebenen Englands an und Heinrich VIII und alle seine Ehefrauen waren bedacht auf eine erstklassige Hofkultur. Dabei gab Heinrich VIII jedoch das von seinem Vater umsichtig gehühtete Staatsgeld mit beiden Händen aus.

Elisabeth I. begann ihre Regierungszeit 1558 daher als Souverän eines armen, von religiösen Konflikten zerrütteten Landes, im Krieg mit Frankreich und bedroht von Spanien. Über ihre lange Regierungszeit hin verbesserte sie mit ihren Beratern den Zustand ihres Königreiches stetig zu einem "Goldenen Zeitalter". Dies wurde unter anderem durch die kolonialen Aktivitäten in Amerika finanziert, da durch den Raub an der indigenen Bevölkerung in Nord- und Südamerika große Reichtümer nach England gelangten. Da Elisabeths Geschwister Edward und Mary vor ihr gestorben waren und sie nie heiratete, um ihr Land vor dem Einfluss eines fremdländischen Königs zu bewahren (ein anderer König oder Hochadliger war die einzig angemessene Partie für eine Königin), endete die Linie der Tudors mit ihr.

 

Die Gesellschaft zur Zeit der Tudors war eine Klassengesellschaft mit strikten Kleiderordnungen die regelten, wer was zu tragen hatte und tragen durfte. Schmuck wie Goldringe, Seidenstoffe und Satin, Farben, Pelz, Verzierungen und vieles mehr unterlagen Vorschriften mit Bezug auf die soziale Stellung und das Vermögen. Niemand unterhalb dem Rang eines Grafen durfte beispielsweise Zobel tragen. Bei Nichteinhalten hatte man Strafen zu fürchten. In England gibt es noch heute den Ausdruck "the fabric of society", der den Aufbau der Gesellschaft meint. Für Menschen im 16. Jahrhundert ließ sich in der Kleidung wie in einem Buch Informationen über den sozialen, familiären und finanziellen Status des Trägers lesen.

 

Detail aus Portrait der Elisabeth I als Prinzessin, Flämische Schule, Royal Collection. Foto: Epochs of Fashion
Detail aus Portrait der Elisabeth I als Prinzessin, Flämische Schule, Royal Collection. Foto: Epochs of Fashion

Sehr beliebt war farbenfrohe Kleidung. Farben waren symbolische Bedeutungen zugeordnet, Weiß stand für Reinheit und Unschuld, Schwarz für Dunkelheit und Trauer aber auch für Treue, Rot für Macht und Gnade, Gelb (die Farbe der Sonne) für Wärme und Grün für Frühling und Jugend. Weiß und Grün waren die Farben der Tudors und Elisabeth I. trug in ihren späteren Jahren gerne kontrastreiche Kleidung in weiß und schwarz. Purpur war nach wie vor die royale Farbe, die ihrer Gewinnung aus der Purpurschnecke entsprechend sehr teuer war. Somit konnte Kleidung kraft ihrer Farbe symbolische Wirkung haben, allerdings spielten natürlich auch einfach persönliche Präferenzen (sofern man sie sich leisten konnte) mit hinein.

 

Stoffe waren aus Naturfasern hergestellt, wie Hanf, Seide und Wolle. Aus diesen wurden unzählige Mischgewebe durch verschiedene Webarten hergestellt, so unter anderem Brokat, Taft und Samt. England war Europas größter Wollproduzent, die Rohwolle wurde jedoch in der Regel nach Italien verkauft wo sie verarbeitet wurde. Im Handel wurde dann das fertige Tuch aus Italien zurückgekauft. Die Internationalisierung der Produktion ist daher keine rein Post-Industrialisierungerscheinung. Verschwenderisch luxuriös waren Stoffe, in die mit echtem Silber oder Gold umwickelte Seidenfäden eingewebt wurden. Eine Variante dieses sogenannten 'Cloth of Gold / Silver', die den Luxus auf die Spitze treibt, ist im berühmten Porträt Elisabeths als Prinzessin (Flämische Schule, Royal Collection Trust) zu sehen: ihre Ärmel sind aus silbernem Stoff gefertigt, auf dem sich erhaben zahllose feine Schlaufen aus Goldfäden abzeichnen. Sie zeigt damit, dass sie es sich als Mitglied der königlichen Familie leisten kann, deutlich mehr Goldfaden als für ein flaches Tuch nötig zu verbrauchen.

Pelz wurde zur Verbrämung von Kleidungsstücken eingesetzt, als Futter von Mänteln  und auch in der Damenmode als weite Ärmel und als Futter von Kleidern. In Anne Boleyns Bildnis (s. unten) kann man ihre braunen Pelzärmel sehen. Pelz auch außen zu tragen war absoluter Luxus da er so wertvoll war, dass selbst reiche Leute ihn funktionsbezogen (um zu wärmen) auf der Innenseite ihrer Kleidung trugen. Spitze, die in Elisabeths Zeit für die Halskrausen immer wichtiger wurde, trug man normalerweise als Spitzenkragen oder als Verzierung am Ausschnitt und an den Handgelenken. Feine Spitze konnte der teuerste Teil eines Gewandes sein, noch wertvoller als Edelsteine, da viele Arbeitsstunden nötig waren um auch nur ein kleines Stück Spitze herzustellen. Zudem waren die besten Spitzen Importprodukte aus Flandern und Italien.

 

Ein wichtiges Element der Kleidung ist Stickerei, in der Tudor- und elisabethanischen Zeit vor allem geometrische Muster. Jede Tochter wohlhabender Eltern lernte Stickerei, mit Seidenfäden (Nadelmalerei), Perlen und Fäden aus Edelmetallfäden. Besonders beliebt war im 16. Jahrhundert die sogenannte "Blackwork"-Stickerei, bei der mit schwarzen Fäden geometrische und florale Muster auf feines weißes Leinen gestickt wurden. Dies wurde hauptsächlich auf Unterkleidung/Wäsche ausgeführt und hier besonders auf den Halsausschnitt und die Ärmelsäume, bei Frauen wie Männern.

Insgesamt wurde Kleidung jedoch von professionellen Schneidern angefertigt und lediglich Weißnäherei, Ausbesserungsarbeiten und Stickerei daheim ausgeführt. Im Tudoralter zirkulierten Kleidungsstücke aufgrund des immensen Materialwerts durch die gesamte Gesellschaft. Adlige gaben ihre abgetragenen Kleidungsstücke ihren Bediensteten, die das Stück nach langem Tragen beispielsweise an eine Dame der unteren Mittelschicht verkauften. Diese benutzte es weiter oder zerlegte das Stück und fertigte aus dem Stoff etwas anderes. War es bei ihr dann nicht länger erwünscht, verkaufte sie das Stück an einen Lumpensammler. Am Ende ihres Lebens wurden Kleidungsstücke gesammelt und zerkocht, um aus den Fasern Papier herzustellen - ein voll funktionierender Recyclingskreislauf, in dem es keine Verschwendung gab.

 

© Epochs of Fashion
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Von Heinrich VII veränderte sich die Kleidung bis zum Ende der Regierungszeit Elisabeth I. signifikant. Bereits im Vergleich zur Zeit Heinrichs VIII sind maßgebliche Unterschiede festzustellen. 

Zur Zeit Heinrichs VII. war die Mode noch sehr mittelalterlich geprägt. Kleider haben bereits den für die Tudorzeit typische eckigen Ausschnitt, jedoch sind sie noch recht hochgeschlossen und die mittlere Öffnung des Kirtle ist sichtbar, oft visuell durch Pelzverbrämung hervorgehoben. Die Ärmel sind noch relativ eng, der Rock zwar sehr üppig doch noch nicht kegelförmig.

Über die Regierung Heinrichs VIII. hinweg trifft die Renaissance in der englischen Mode ein - sie wird skulptural, geometrisch und mathematisch. Das fließende Kleid der 1480er erlebt eine Expansion: der Rock wird kegelförmig, die Ärmel erhalten glockenförmige Überärmel, der Ausschnitt sinkt und der Oberkörper wird zu einem auf die spitze gestellten Kegel. Der kegelförmige Rock wurde durch Unterröcke und den Weiberspeck, eine um die Hüfte gebundene wattierte Stoffrolle, erzeugt. Der Reifrock kam erst zur Zeit Elisabeth I. auf.

Die Silhouette ist insgesamt aus zwei sich an der Spitze treffenden Kegeln geprägt: Schultern ↔ Taille and Taille ↔ Rocksaum.

 

Schnürlaibe wurden in den Zeiten beider Heinriche noch nicht getragen. Stattdessen verwendete man ein Unterkleid namens kirtle mit versteiftem Oberteil. Erst zur Zeit Elisabeths I. kamen Mieder auf. Sie wurden aus Buckram, einem starken Leinenstoff, und Fischbein (Walknochen) gefertigt. Mieder hatten in der Regel vorne einen Holzstab eingeführt, der das Mieder noch weiter versteifte und die Trägerin zu einer aufrechten Körperhaltung zwang. Dieser konnte mit Bildmotiven geschnitzt sein und wurde manchmal von Herren als Geschenk an die Geliebte gegeben. Mieder wurden Damen maßgeschneidert und wurden nicht Kaiserin Sisi-haft absichtlich eng gezurrt. Sie dienten der Haltung, der Formung des Oberkörpers damit das Überkleid darauf straff und faltenfrei saß, sowie um die schweren Röcke zu tragen ohne dass deren Taillenbänder in den Bauch schneiden.

 

Die elaborierten Überkleider konnte man nicht waschen. Sie wurden daher gelüftet und ausgeklopft sowie inmitten antibakterieller Kräutern gelagert. Das leinene Hemd, das ein jeder trug, konnte jedoch als Kochwäsche gereinigt und gebleicht werden und wurde auch oft gewaschen. Insofern stimmen die popkulturellen Stereotypen der ungewaschenen, stinkenden Menschen in der Vergangenheit nur bedingt. Heinrich VIII.  wechselte sein Hemd mindestens einmal am Tag und ließ auch sein Bettleinen jeden Tag wechseln. Auch Buchminiaturen und Aufschriebe aus dem Bürgertum und der Unterschicht bezeugen, dass leinene Hemden häufig gereinigt wurden.

 

Kleidung zur Zeit Heinrichs des Achten

Jane Seymour (flickr, CC BY-NC-SA 2.0, Abb. von jean louis mazieres) Tudor Mode 16. Jahrhundert
Jane Seymour (flickr, CC BY-NC-SA 2.0, Abb. von jean louis mazieres)

Frauen aller Stände trugen Kleider, die bis zu den Knöcheln und den Handgelenken reichten.

Als Unterwäsche trug man ein Hemd (auch Chemise genannt, im Englischen 'smock') aus feinem Leinen und Strümpfe, die über dem Knie mit Strumpfbändern fixiert wurden. 

 

Ein wichtiger Bestandteil der Mode im 16. Jahrhundert war die Silhouette. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts in der Zeit Elisabeth I. wurde kein Schnürmieder getragen, d. h. die Frauen Heinrich VIII. trugen noch keines. Dafür trugen sie einen sogenannten Kirtle, ein ärmelloses Kleid dessen Oberteil mit Buckram - einem kräftigen Gewebe (typischerweise Leinen) - verstärkt ist. Über den Kirtle wird dann das sichtbare Kleid gezogen. Insofern ergeben sich die Lagen: Hemd, Kirtle, Kleid, angenestelte Zierärmel.

 

Zu bemerken ist, dass zu Zeiten Heinrichs VIII. die Taillenlinie meist noch etwa auf Höhe der natürlichen Taille der Trägerin lag. Zudem war sie weitgehend gerade und noch nicht nach unten hin spitz zulaufend. 

 

Kleider zur Zeit Heinrichs VIII. wurden vorne geschlossen. Betrachtet man das Portrait Jane Seymours genau, fällt einem neben ihrer linken Achsel (von uns aus rechts) eine Reihe von Stecknadeln zur Taille hinab auf. Die oberste Lage des vorderen Oberteils kann komplett weggeklappt werden, denn darunter befindet sich eine untere Lage des Kleides die vorne geschnürt wird. Dann wird die "Schauseite" wieder darüber zurückgeklappt und mit Stecknadeln auf dem Mider festgesteckt.

 

Optisch bestehen die Kleider aus zwei Teilen: dem Kleid mit vorne geöffnetem Rock und dem Rock des Kirtles oder Überrock darunter. In aller Regel war der untere (Kirtle)Rock und die Unterärmel farblich und stofflich vom eigentlichen Kleid abgesetzt. Die gebauschten taupefarbenen Ärmel Jane Seymours gehören nicht zum roten Kleid dazu, sondern wurden mit Bändern auf der Höhe des Ellenbogens an das Kleid angenestelt. So konnte man variieren.

 

Die weit ausgeschnittenen Kleider konnte man durch Chemisettes (unter dem Kleid getragene ärmellose Hemdchen die bis unter die Brust reichen und die so den Ausschnitt bis zum Hals verdeckten und wärmten) oder Partelets (auf dem Kleid getragene oft wollene ärmellose Hemdchen, die mit einem Band unter den Achseln festgeschnürt waren.

 

Die prächtigen und wertvollen Kleider konnte man praktisch nicht waschen, die einzige Möglichkeit war lüften lassen und ausklopfen. Die Waschsubstanzen des 16. Jahrhunderts, hauptsächlich Kernseife, hätten die zarten Stoffe zerstört. Dafür wusch man die leinene Unterkleidung sehr regelmäßig und wechselte auch oft die Bettwäsche.

 

Die wichtigsten Unterschiede zwischen Tudor-Mode und elisabethanischer Kleidung sind folgende:

 

(Mit "Tudor-" soll hier die Zeit gemeint sein, bevor Elisabeth I. Königin wurde. Natürlich gehört auch sie zum Hause Tudor, doch die Mode zur Zeit ihrer Regentschaft unterscheidet sich deutlich z.B. zu der zu Zeiten ihres Vaters Heinrich VIII., daher die Trennung der Begriffe)

 

- Tudorkleider haben normalerweise eine Taillennaht zwischen Oberteil und Rock, die nicht (sehr) spitz zuläuft; in der elisabethanischen Zeit war das Oberteil und das Schnürmieder sehr langgezogen und spitz

- in der Tudorzeit trug man keine Halskrausen/Spitzenkrägen; zu Elisabeths Zeit schon

- während die Ärmel in elisabethanischer Zeit meist einlagig und konisch/tropfenförmig (siehe nächster Abschnitt) waren, trug man in der Tudorzeit weite Trompetenärmel über gebauschten Ärmeln darunter (siehe oben Catherine Parr)

 

 

Mode zur Zeit Elisabeths

Elisabeth I., Hardwick Portrait (flickr, Abb. von Lisby) Mode
Elisabeth I., Hardwick Portrait (flickr, Abb. von Lisby)

Dieses Portrait Königin Elisabeths I. stammt von ca. 1592. Beim Studium von Portraits als Quelle für historische Mode muss stets hinterfragt werden, mit welcher Agenda das Portrait produziert wurde. Man kann die dargestellte Kleidung nicht zwangsläufig als unmittelbare Quelle sehen. Insbesondere Elisabeth I. kontrollierte ihr öffentliches Image akribisch und ließ sich stets als ewig jugendliche Gloriana eines wohlhabenden Reiches darstellen. Dieses Portrait verdeutlicht dennoch hervorragend, welche Charakteristika die Mode ihrer späteren Regierungsjahre aufwies.

Elisabeth trägt ein Schnürmieder unter ihrem Kleid mit sehr spitzer Schneppe und dazu den neu in Mode gekommenen spanischen Reifrock, der sich auf Taillenhöhe kreisförmig verbreitert und wie ein Zylinder zu den Füßen herabreicht (im Engl. wheel farthingale). Die Position der Füße, die sich in Wirklichkeit weiter hinten im Mittelpunkt des runden Saums befinden müssten, ist der perspektivischen, zweidimensionalen Darstellung eines dreidimensionalen Objekts geschuldet - gleichzeitig ist es erfreulich, dass man sie auf diese Weise gut studieren kann.

Die Ärmel sind zum Erhalt der skulpturalen Silhouette ausgestopft und laufen zum Handgelenk eng zu. Im Englischen heißen diese Ärmel aufgrund der Form cannon sleeves (wörtlich ins Deutsche übersetzt "Kanonenärmel") oder auch leg-o-mutton sleeves ("Hammelbeinärmel").


Die Mode zur Zeit Elisabeths war voller Symbolik und reicher Ornamente. Als Königin stand ihr jede noch so wertvolle Dekoration in Sachen Material, Stickerei und Schmuck offen. Auf der zweiten Rockfalte vom Betrachter aus links kann man am Saum Stiefmütterchen entdecken, eine Lieblingsblume der Tudor-Königin, die auch gleichzeitig für Nachdenken beziehungsweise Gedanken stand. Andere Motive, die sich oft in Elisabethanischer Kleidung finden, sind z.B. zwei sich haltende Hände (Freundschaft) und ein glühendes Herz (Liebe). Elisabeths schwarzes Seidenüberkleid ist über und über mit Perlen verziert. Derer bediente sie sich gerne aufgrund ihrer Symbolwirkung, denn Perlen standen für Reinheit, Jungfräulichkeit und Gottesfurcht, genau wie Elisabeth vom Volk gesehen werden wollte.

 

Es gibt verschiedene Arten von Krägen und Halskrausen:

 

Der Mühlsteinkragen oder die Elizabethanische Halskrause verlaufen in einem Kreis um den Kopf.

Eine andere Form ist der Medici-Kragen, ein fächerförmiger krauser Kragen der um die Schultern bzw. den Hals gelegt wird und sich vorne V-förmig öffnet.

Beliebt waren im späteren 16. Jahrhundert auch halbkreisförmige Krausen, die nur das Rückenteil des Halsausschnitts entlangliefen. Königin Elisabeth ließ sich mehrfach mit herzförmigen, flügelartigen Gauze-Krägen portraitieren. Alle Krausen und Krägen dieser Art mussten von stützenden Aufbauten aus Draht gehalten werden. Die viele Stärke, die für die kunstvoll gerafften Krägen nötig war, wurde aus Getreide gewonnen. Nahrungsmittel für Mode zu verschwenden zog viel Kritik auf sich, wie später der ebenfalls aus Getreide gewonnene Haarpuder zur Zeit Marie Antoinettes.

 

Elizabeth I in den späten 1590er Jahren (CC BY-NC-SA 2.0, flickr, picture by Lisby) Mode Tudor Elisabethianisch
Elizabeth I in den späten 1590er Jahren (CC BY-NC-SA 2.0, flickr, picture by Lisby)

Handschuhe:

 

Die Elisabethanische Handschuhmode ist außergewöhnlich und voller interessanter Fakten. Neben den einfachen Handschuhen für den Alltag gab es wertvolle Prunkhandschuhe, die auch oft auf Portraits dargestellt werden.

Das Vorderteil mit den Fingern wurde beispielsweise aus Schafs- oder Ziegenleder gefertigt. Daran schloss sich ein trapezförmiger Bereich am Handgelenk an. Dieser ist unterhalb des Daumens offen und kann von feinen Bändern zusammengehalten werden. Er wird gauntlet (pl. gauntlets) genannt. Dieser englische Fachterminus wird manchmal auch für den ganzen Handschuh gebraucht, beschreibt aber eigentlich nur diesen Bereich. Dort ist der Handschuh reich bestickt, mit Süßwasserperlen und mit feinster Spitze verziert, manchmal sogar mit Edelsteinen. Die Stickereien sind oft von bester Qualität, gearbeitet mit farbigen Seiden- und Gold- und Silberfäden. Oft finden sich Motive mit tieferer Bedeutung für die Menschen im 16. Jahrhundert.

 

Diese Prunkhandschuhe gehörten wohlhabenden Edelleuten und wurden auch von diesen nur zu besonderen Anlässen getragen. Betrachtet man diese Handschuhe (in Portraits oder die erhaltenen Originale) fällt auf, dass viele unnötig lange Finger aufweisen. Der Grund dafür ist, zu zeigen, dass man nicht arbeiten muss und so (unpraktische) Handschuhe mit überlangen Fingern tragen kann. Die Handschuhe waren nicht waschbar. Die Möglichkeiten der Tudorzeit beschränkten sich auf Kernseife, die das feine Material angegriffen hätte. Deshalb und der normalen menschlichen Freude an wohlriechenden Dingen wegen wurden sie parfümiert. Elisabeth I. war stolz auf ihre langen schlanken Hände und ließ sich oft mit den Handschuhen IN statt AN der Hand malen, um sie zur Schau zu stellen.

 

 

Elisabeth Vernon, Gräfin von Southampton (flickr, picture by Lisby) Schuhe 16. Jahrhundert
Elisabeth Vernon, Gräfin von Southampton, ca. 1603 (flickr, CC 2.0, Abb. von Lisby)

Schuhe:

 

Die Schuhe der Damen waren, besonders in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, oftmals unter den langen und ausladenden Röcken verborgen.

Glücklicherweise wurde es zur Zeit Elisabeths I. in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Mode, seine Schuhe zu präsentieren. Königin Elisabeth war stolz auf ihre zierlichen Füße und trug öfters nur knöchellange Kleider, damit man sie bewundern konnte. Diese Mode wurde dann von anderen Adligen aufgegriffen, glücklicherweise für die Kostümgeschichte, die sich sonst ausschließlich auf die wenigen erhaltenen Schuhe und Fundstücke stützen müsste.

 

Auch Elizabeth Vernon, die Gräfin von Southampton, zeigt ihre Füße. Die Schuhe sehen heutigen Ballerinas oder Slipper ähnlich. In vielen Fällen sind sie vorne eckig. Damenschuhe für drinnen waren im 16. und frühen 17. Jahrhundert mit feinen Obermaterialien wie Seide, Taft, Samt oder feinem Leder bezogen. Diese Materialien konnten wiederum mit Perlen, Steinen und Stickerei verziert sein. Der Absatz, den Caterina de'Medici nach Frankreich gebracht hatte, war noch in Mode aber deutlich niedriger.

 

Verließ man das Haus, zog man hölzerne Überschuhe oder Chopines an, um das feine Schuhwerk vor dem Schmutz der Straßen zu schützen. Diese Überschuhe werden auch Kotschuhe genannt, ein reichlich unbeschönigender Name. Sie hatten dicke Sohlen aus Holz oder Kork, die Höhe reichte von wenigen Zentimetern zu in Italien modischen Plateaus von bis zu 50cm Höhe. Am Fuß befestigt wurden sie mit Schlaufen, Schnallen oder Bändern.

Für die Fortbewegung zu Pferd gab es Reit- und Jagdstiefel, die vollständig (inklusive der Sohle) aus Leder gefertigt wurden.

 

Mary Boleyn (CC BY 2.0, flickr, picture by Lisby) Mode Tudor 16. Jahrhundert gable hood Haube
Mögliches Bildnis von Mary Boleyn (CC BY 2.0, flickr, picture by Lisby)

Haarschmuck:

 

Anne Boleyn, Elisabeths Mutter, wurde 1533 gekrönt und war zuvor bereits mindestens sieben Jahre von Heinrich VIII. umworben worden. Anne war am französischen Hof von Königin Claude unterrichtet worden und brachte bei ihrer Rückkehr nach England den koketteren French Hood mit. Dieser ersetzte schnell die schweren gable hoods, die an ein Hausdach erinnern und das Haar züchtig vollständig verbergen.

 

Hier ist Annes Schwester Mary Boleyn in einem hermelinverbrämten Kleid mit einem gable hood zu sehen, einen Teil des Stoffschleiers hat sie hochgesteckt.

Anne Boleyn trägt einen French hood (flickr, Foto von Lisby) - Tudor Elisabethianisch Elizabethan fashion
Kopie nach einem Porträt von Anne Boleyn, National Portrait Gallery, etwa spätes 16. Jahrhundert (flickr, Foto von Lisby)

Der French Hood ist ein halbmondförmiger Kopfputz. Er wird recht weit Richtung Hinterkopf getragen, steht dort leicht vom Kopf ab und gibt so viel Haar preis, wie kaum ein Kopfschmuck in den Epochen zuvor. Er reicht herab bis auf Kinnhöhe und verdeckt die Ohren. Das breite Hauptteil ist mit farbigem Stoff überzogen und meist mit Perlen oder prächtigen Borten verziert. Ein feines plissiertes Band in Gold oder Silber verläuft entlang der inneren Kante und steht leicht hervor. Hinten am French Hood ist ein blickdichter Schleier angebracht, der über den Rücken bis etwa zur Taille fällt und das lange Haar verbirgt. Dieser ist in der Regel als Schlauch zugenäht, sodass die langen Haare (sofern sie nicht geflochten und hochgesteckt sind) völlig verborgen sind.

Mary Fitzalan trägt einen FLAT HOOD, 1565 (flickr, picture by Lisby) elisabethanische Mode Tudor Kleidung
Mary Fitzalan trägt einen FLAT HOOD, 1565 (flickr, Abb. von Lisby)

Unverheiratete junge Frauen durften ihr Haar auch offen tragen. Es ist überliefert, dass Anne Boleyn auf dem Weg zu ihrer Krönung in Westminster ihre Haare offen trug.

 

Eine Variante, der flat hood ("flache Haube"), kam unter Königin Mary ab 1544 wieder auf, der Tochter Heinrichs mit seiner ersten Ehefrau Katharina von Aragon. Die flache Haube ist dem French Hood ähnlich, allerdings ist sie nicht so konvex, sondern liegt eng am Kopf an. Sie erinnert an einen flachgedrückten French hood.

 

Maria Stuart, schottische Königin, trägt ein ATIFET (flickr, picture by Ciaran Roarty)
Maria Stuart während der Schlacht von Langside, Rawcliffe Lodge. Sie trägt ein ATIFET (flickr, picture by Ciaran Roarty)

Eine weitere spätere Variante des French hood ist das Atifet. Es ist eine Kopfbedeckung mit einer herzförmigen und nach vorne in die Stirn gezogenen Krone. Die Ohren können unbedeckt bleiben. Die schottische Königin Maria Stuart trug das Atifet schlicht, in weiß und mit Spitze besetzt, oder wie in der Glasmalerei aus Hermelinpelz.

 

Für die sehr beliebten Maskenbälle wurden Fantasiekopfbedeckungen entworfen und getragen. Königin Elisabeth I. ist berühmt für ihre herzförmigen Frisuren, doch war es nicht ihr eigenes Haar - sie behalf sich besonders als ältere Dame mit Perücken.

 

Frauen der arbeitenden Bevölkerung trugen ihr Haar solange sie unverheiratet waren offen oder mit Bändern zusammengebunden, Verheiratete waren im wahrsten Sinne "unter der Haube".

Königin Elisabeth Tudor I. in sehr hohem Alter, ca. 1600 (flickr, picture by Lisby) Mode im 16. Jahrhundert
Königin Elisabeth I. in sehr hohem Alter, ca. 1600 (flickr, picture by Lisby)

Schmuck:

 

Perlschmuck erscheint in allen Varianten, von Ohrringen über Broschen bis zu kurzen Halsbändern oder taillenlangen Strängen. Es ist möglich, dass nicht alle der dargestellten Schmuckstücke in der Realität oder zumindest in gezeigter Fülle existierten und hier etwas ausgeschmückt wurde, trotzdem kann man annehmen, dass Perlen sehr beliebt waren.

 

Im 15. und 16. Jahrhundert kamen Perlen aus Salzwasseraustern aus Indien oder aus dem arabischen Raum, Zuchtperlen gab es nicht. Das Tauchen nach den Austern war kräftezehrend und gefährlich. Das machte sie teuer und folglich begehrt.  Edelsteine und Halbedelsteine waren ebenfalls sehr beliebt für alle Arten von Schmuckstücken. Sie waren nicht nur modisch, die Menschen schrieben den Steinen auch Kräfte und Bedeutungen zu: Saphire sollten so vor Gift schützen; Smaragdgrün verkündete Liebe in der Farbe des frischen Grüns im Frühlings.

Ein besonderer Anhänger, der sogenannte "Hochzeitsanhänger", mehr dazu im Kapitel zur Renaissance, ist in vielen Portraits zu sehen. Er ist ein goldener Anhänger mit blauem und rotem Stein (Diamant und Rubin), an dem drei Perlen hängen. Personifizierte Schmuckstücke wurden außerdem bevorzugt getragen. Es war nicht unüblich, das Wappen der Familie, die eigenen Initialen - man denke nur an Anne Boleyns berühmte "B"-Kette - oder die beider Ehepartner ineinander verschlungen zu tragen .

 

Eine Quelle von unschätzbarem Wert für die Forschung zu Schmuck aus dem 16. und 17. Jahrhundert ist mit dem Cheapside-Hoard ans Tageslicht gelangt. 1912 entdeckten Arbeiter unter dem Boden eines Kellers in Cheapside, London, einen großen jahrhundertealten Schatz. Er umfasst mehr als 400 Stücke, viele von höchster Qualität. So wurde zum Beispiel eine Uhr in einen massiven Smaragd eingearbeitet. Wer ihn dort vergrub und aus welchen Gründen ist nicht bekannt. Auch das Kleinodienbuch der Herzogin Anna von Bayern, um 1550, als Faksimile erhältlich und digitalisiert online einsehbar, ist spannend - sie ließ ihren Schmuck in einen kleinen Codex malen. Dabei ist die Vorderansicht des Stücks immer rekto zu sehen und die Rückansicht verso, wenn man umblättert.

 

Schnittmuster:

  • The Tudor Tailor Bücher (die Schnitte müssen selbst vergrößert werden, Papierschnitte gibt es auf Etsy)
  • Janet Arnolds Patterns of Fashion Bücher (die Schnitte müssen selbst vergrößert werden)
  • Butterick 5114 (Kleid im elisabethanischen-Stil, passt auch für Kleid der italienischen Spätrenaissance bzw. Manierismus)
  • Butterick 5440 (Kleid aus Oberteil und Rock mit Krause)
  • McCall's 2242 (Kostüme für Edeldame und Magd)
  • McCall's 2798 (zwei Kleider; Kleid A als Tudor-Kleid: die Taillennaht gerade statt V-förmig + die unteren engen Ärmel etwas weiter/gepuffter)
  • McCall's Sewing Pattern 3282 (zwei Kleider mit Gable Hoods, ideal wäre die Puffärmel wegzulassen und die Taillennaht gerade statt spitz zu machen)
  • Simplicity 2589 (Kleid, French Hood, zwei Varianten der Ärmelgestaltung)
  • Simplicity 2621 (Unterkleidung: Hemd, Korsett zur Rückenschnürung und Reifrock/French farthingale)
  • Simplicity 3782 (eine Robe, ein Mantelkleid)
  • Simplicity 4508 (zwei Kleider mit zwei Ärmelvarianten)
  • Simplicity 8881 (Kleider im Elisabethanischen Stil)
  • Simplicity 9832 (Kleid mit "Medici-Kragen/-Halskrause")
  • Simplicity 9929 (Elisabethanisches Kleid mit Gable Hood, dazu
  • ein Renaissancekleid und ein mittelalterliches Kleid)
  • Period Patterns No 56 (sechs verschiedene Kleider aus der Tudor- und der Elisabethanischen Zeit

- Die aufgelisteten Schnittmuster sind nicht als Werbung zu verstehen sondern dienen rein informativen Zwecken. Die Liste beansprucht keine Vollständigkeit oder Bewertung -


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